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Wahlkampf in Russland und den USA. Säbelrasseln im Vergleich

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Gestern kündigte Vladimir Putin im Wahlkampf für die kommende Präsidentschaftswahl eine “beispiellose” militärische Aufrüstung Russlands an. Umgerechnet rund 600 Milliarden Euro sollen bis 2020 investiert werden, um die russischen Streitkräfte zu modernisieren. Grund dafür sei unter anderem das geplante Raketenabwehrschild der USA und der NATO. So zitiert stern. de die russische regierungsnahe Tageszeitung Rossijskaja Gaseta:

“Binnen zehn Jahren sollten daher 400 moderne ballistische Interkontinental-Raketen, acht Atom-U-Boote, 20 weitere U-Boote, mehr als 50 Kriegsschiffe, “rund hundert Weltraumgeräte mit militärischer Funktion”, mehr als 600 moderne Flugzeuge und mehr als 1000 Helikopter geliefert werden.”

Es scheint, als wolle Putin die in den letzten Jahren unter Medwedjew vollzogene allmähliche Annäherung Russlands an Europa und die USA nicht fortführen. Die Aufrüstungspläne lassen sich als Demonstration der Stärke interpretieren, zumal Russland mit seinen reichen Rohstoffvorkommen tatsächlich Geld in den Staatshaushalt spülen kann. Dennoch werden durch Aufrüstung nicht die benötigten Reformen des russischen Staates befördert, hatte man doch auch in Russland die Auswirkungen der Finanzkrise deutlich zu spüren bekommen.

Es bietet sich ein Vergleich mit Positionen aus dem US-amerikanischen Wahlkampf an; aus Zeitgründen möchte ich mich auf Romney beschränken. Mitt Romney, aussichtsreicher Kandidat der Republikaner, sind die Beziehungen zu Russland auf seinem Internetwahlprogramm einen gesonderten Unterpunkt wert. Dort heißt es:

“At the risk of oversimplification, we can say that Vladimir Putin, who is seeking a third term as Russian president in 2012, aims above all else to preserve his power, stoking Russian nationalist passions to maintain popular support, and using wealth garnered from energy and arms sales to stave off economic calamity. With the Kremlin’s leverage over the energy supplies of Central and Western Europe, its stockpile of nuclear weapons, its recent history of aggressive military action, and the power it wields in multilateral institutions like the United Nations, Russia is a destabilizing force on the world stage. It needs to be tempered.”

Obama sei mit seiner “reset-policy” der Beziehungen zu Russland gescheitert. Diesen “reset” möchte Romney rückgängig machen und

1) START einer neuen Bewertung unterziehen.

2) Europa unabhängiger von russischen Rohstoffexporten machen.

3) festere Bündnisstrukturen mit Zentralasien (evtl. zu Ungunsten Russlands) etablieren.

4) Die Zivilgesellschaft (und damit sind Kremlkritiker und Bürgerrechtler gemeint) in Russland stärken.

Was ist davon zu halten? Die amerikanisch-russischen Beziehungen könnten sich wieder spannungsreicher gestalten, als in der letzten Zeit. Das hat sicherlich auch das Veto zur Syrienresolution im UN-Sicherheitsrat gezeigt. Welche Rolle können Deutschland und Europa dabei spielen?

Deutschland befindet sich m.E. ein wenig abseits dieser Spannungen. Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen sind nicht von der Hand zu weisen. Diplomatische Beziehungen werden gepflegt. Nichtsdestoweniger wird sich Deutschland bekanntlich auch am Raketenschild der NATO beteiligen. Ebenso muss die deutsche Diplomatie daran festhalten, Menschenrechtsverletzungen im bilateralen Dialog mit Russland anzuprangern. Es gilt für Europa im Hinblick auf die Beziehungen zu den USA und zu Russland ein “Zwischen-den-Stühlen-Sitzen” zu vermeiden.

Ein Wiederaufleben des Kalten Krieges wäre zu drastisch formuliert. Man muss die Aussagen im Wahlkampf ohnehin ein stückweit im Kontext betrachten und in ihrer Deutlichkeit zumindest teilweise relativieren. Populistischer Stimmenfang mit deutlichen Parolen enthält aber trotz alledem einen wahren Kern.

Es bedarf des Dialogs, damit Partnerschaftlichkeit, vor allem in Gremien wie dem UN-Sicherheitsrat oder bei der globalen Bekämpfung der Finanzkrise geschaffen werden kann. Konfrontation und nationalistisches Beharren auf die eigene Macht und Stärke richten dabei eher Schaden an.


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